Emilie Lehmus

 

Emilie Lehmus (* 30. August 1841 in Fürth, † 17. Oktober 1932 in Gräfenberg/Oberfranken) war die erste deutsche Medizinstudentin und die erste Ärztin in Berlin mit eigener Praxis.

Emilie wird 1841 als eine von sechs Töchtern eines Pfarrers in Fürth geboren. Alle Töchter erhalten Berufsausbildungen, die ihren persönlichen Neigungen und Interessen entsprechen.

Nach Absolvierung eines Lehrerseminars und Sprachstudien in Paris arbeitet Emilie zunächst als Lehrerin an einer höheren Töchterschule. Während eines Berlinbesuchs bei ihrer ältesten Schwester, bei dem sie die Zahnärztin Henriette Tiburtius-Pagelsen kennenlernt, entsteht in ihr der Wunsch, Ärztin zu werden. 1870 beginnt Emilie Lehmus als erste deutsche Frau ihr Medizinstudium in Zürich, an der zu dieser Zeit einzigen Universität in Europa, an der Frauen zum Studium zugelassen werden. Im dritten Semester lernt sie ihre deutsche Kommilitonin Franziska Tiburtius kennen, die ein Jahr später ihr Medizinstudium in Zürich beginnt. Nach neun Semestern beendet Emilie ihr Studium mit der Promotion „summa cum laude“. Sie hofft vergeblich, in Deutschland mit ihrem Doktortitel zum Staatsexamen zugelassen zu werden.

1875 geht sie für einige Monate an die Universitäts-Entbindungsanstalt nach Prag, im Anschluss an die Königliche Entbindungsanstalt und Frauenklinik nach Dresden. Dort ist sie bei dem Gynäkologen Prof. Franz von Winckel tätig, dem derzeit einzigen Professor in Deutschland, der Assistentinnen aufnimmt und an seiner Klinik ausbildet. An dieser Klinik trifft sie wieder auf Franziska Tiburtius. Diese folgt ihr später nach Berlin, wo sich Emilie Lehmus 1876 mit behördlicher Duldung in einer Privatpraxis für Frauen und Kinder niederlassen darf, deren Türschild sie als Dr. med. der Universität Zürich ausweist.

Die Arbeit beider Ärztinnen wird zwar seitens der Politik nicht anerkannt, umso mehr erfahren die beiden Freundinnen einen großen Zulauf von ihrer Patientenschaft. Sie eröffnen die erste Poliklinik weiblicher Ärzte für Frauen und Kinder in der Alten Schönhauser Straße 23/24. Die Räume, eine Erdgeschosswohnung im Hinterhof, werden ihnen vom Brauereibesitzer Bötzow kostenlos überlassen, Behandlungen der Patientinnen führen die Frauen meist zum Selbstkostenpreis aus.

Zusätzlich engagiert sich Emilie Lehmus im Sanitätsverein für Lehrerinnen und Erzieherinnen sowie im Kaufmännischen und gewerblichen Hilfsverein für weibliche Angestellte.

Im Alter von 60 Jahren muss Lehmus ihre Praxistätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und zieht zu ihren Schwestern in die fränkische Heimat. Auch dort engagiert sie sich weiter und beteiligt sich 1908 an der Gründung der Vereinigung weiblicher Ärzte in Berlin mit einer Spende von 16.000 RM. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1932 kann sie noch miterleben, wie sich Ärztinnen mehr und mehr durchsetzen, als Pionierin kann sie auf einen maßgeblichen Anteil an diesem Entwicklungsprozess zurückblicken.